Tebels-Analyse : Putin-Erdoğan-Einigung : Status Quo, aber keine Lösung

Tebel-Report. – Am Donnerstag traten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdoğan vor die Weltpresse und verkündeten eine Einigung für die jüngste Konfrontation in Idlib – den 14. Waffenstillstand seit 2018 !!

Als Ergebnisse wurden präsentiert: Ein 12 km breiter „Sicherheitskorridor“ entlang der M4 in der Provinz Idlib, gemeinsame türkische und russische Patrouillen entlang dieser Autobahn und ein Waffenstillstand.

Eindeutiger Verhandlungserfolg Russlands

Was bedeutet das? Assad behält die jüngsten Gebietsgewinne. Die syrische Armee zieht sich nicht hinter die türkischen Beobachtungsposten zurück, wie es der türkische Präsident ultimativ gefordert hatte. Zudem steht die wichtige Verkehrsverbindung zwischen Aleppo und Damaskus (M5) wieder unter Kontrolle der Regierungstruppen. Die zweite wichtige Autobahn (M4) wird zum Sicherheitskorridor und ist damit vermutlich ebenso frei passierbar. In Syrien kann nun der Handel zwischen Latakia, Aleppo und Damaskus ungehemmter fließen und wird dem wirtschaftlichen Aufschwung im Land dienen.

Damit sind die Absprachen von Sotschi von 2018 nun umgesetzt, auch wenn Russland und Syrien militärisch „nachhelfen“ mussten.

Erdoğan hält Assad auf

Auch Erdoğan kann Erfolge verbuchen: Er bewahrt die islamistischen Rebellenmilizen vor ihrer militärischen Niederlage, kontrolliert weiterhin eine weitere syrische Grenzgegend und kann sich offiziell rühmen, eine humanitäre Katastrophe vereitelt zu haben. Die USA können auch zufrieden sein, konnte ein geopolitischer Erfolg Putins im Mittleren Osten vereitelt bzw. herausgezögert werden.

Was das Abkommen nicht klärt

Damit schafft das Abkommen von Moskau einen status quo, mehr auch nicht: Es gibt keine „sichere Zone“ für die Binnenflüchtlinge in Idlib, die von der UN mit 950 000 Menschen seit Dezember 2019 beziffert wird. Die Flüchtlinge lagern weiterhin in schlechten Bedingungen an der türkischen Grenze.

Die bewaffneten Dschihadistengruppen bestehen weiterhin und können ihre Verteidigungen wieder aufbauen. Die türkische Armee steht fester in Idlib, denn je. Angriffe auf den russischen Militärflughafen können jederzeit stattfinden.

Und vor allem: Weder Erdogans, noch Baschar al-Assads Ziele sind erreicht: Die Türkei will Assad bestenfalls aus dem Amt heben und Assad wiederum seine Macht aus ganz Idlib ausdehnen.

Bildquelle: Aleppo: Bild von Karl Forster auf Pixabay