Rohölbeben : Hintergrund und Auswirkung des dramatischen Preisverfalls

Tebel-Report. – Der Ölmarkt steht Kopf. Absatzeinbrüche, Überproduktion und volle Erdöllager lassen den Rohölpreis purzeln.

Durch das Herunterfahren der Aktivitäten in der Coronaviruskrise bleiben Flugzeuge am Boden, drosseln erdölverarbeitende Betriebe ihre Produktion und wird weit weniger Benzin verkauft. Die dramatische Folge für den Ölmarkt, der aber aktuell etwa 30 Milliarden Barrel pro Tag zu viel produziert: Der Ölpreis, der sich an der Nachfrage orientiert, bricht ein.

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Der Zeitpunkt des Preisverfalls ergibt sich aus den regelmäßig neuen Lieferverträgen, den Termingeschäften für Mai und Juni. Und hier ist ein Effekt eingetreten, den Ryan Sitton, Kommissar bei der Texas Railroad Commission, im jamaikanischen Gleaner charakterisiert: „Irgendwann kommt man zu einem Punkt, an dem es buchstäblich so viel wertvolles Gut auf der Welt gibt, dass das Gut keinen Wert mehr hat. Und das sehen wir.“

Denn das Erdöl sprudelt trotz einbrechender Nachfrage unvermindert weiter. Damit wird die Speicherkapazität knapp. Diese wird weltweit auf 900 bis 1,8 Milliarden Barrel geschätzt. Lagerknotenpunkte in der Karibik und Cushing (Hauptlager für West Texas Intermediary (WTI), den US-Referenzwert für leichtes Rohöl) sind aber bereits fast ausgelastet. Weltweit wird dieser Zeitpunkt laut Analysten in 90 bis 180 Tagen erreicht werden.

Um aber davor noch möglichst viel Öl zu verkaufen, bezahlten am Montag einige Händler andere, um das Rohöl abzunehmen: Der Ölpreis fiel unter Null.

Ausweg

Sofern die Coronakrise nicht endet, kann nur durch staatliche Subvention und Reduzierung der Ölfördermenge geantwortet werden. Einen ersten Schritt unternahm die OPEC unter Vermittlung von Donald Trump am 12. April. Hier wurde die Kürzung der täglichen Ölförderung um knapp 10 Millionen Barrel beschlossen – wodurch die Überproduktion aber letzlich nur verringert wurde.

Folgen

Ein niedriger Ölpreis macht Ölförderung unrentabel. Die Fracking-Branche soll mindestens einen Preis von 50 Dollar pro Fass benötigen; die saudische und russische Ölindustrie sogar mehr.

Kleinere Firmen müssen Bohrlöcher verschließen, können ihre Kredite nicht bezahlen, Zulieferer erhalten keine Aufträge und je länger der „lockdown“ besteht, desto größer ist die Gefahr für die Arbeitsplätze in der Erdölbranche, der alleine in den USA direkt und indirekt 10 Millionen Stellen zurechnet werden.

Anderen erdölproduzierenden Staaten entgehen fix eingeplante Steuern.

Jede Situation kennt aber auch Nutznießer: Hierzu zählen die Betreiber von Öltankern, die nun für Spot-Charter Geld verdienen können, zumal Tanker in Coronazeiten als schwimmende Speicher fungieren. Auch Staaten wie Australien ermöglicht der Tiefstpreis die Anlegung strategischer Reserven.

Siehe

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