Krieg gegen die Ukraine : RUSSLANDS BLITZKRIEG HAT SEIN ZIEL VERFEHLT – Analyse

Tebel-Report / Analyse – Die Kämpfe in der Ukraine dauern den 13. Tag mit unverminderter Heftigkeit an. Dennoch wird immer deutlicher, dass Wladimir Putins Blitzkrieg seine Ziele verfehlt hat.

Auf dem Schlachtfeld „gefundene“ Einsatzpläne der russischen Armee, die vom Pressedienst der ukrainischen Armee veröffentlicht wurden, sollen belegen, dass die russischen Generäle den Angriff ursprünglich für den 20. Februar geplant und 15 Tage für den militärischen Sieg veranschlagt hatten. Grenznahe Großstädte sollten demnach innerhalb der ersten vier Tage eingekesselt werden und dann fallen. Natürlich könnte diese Information eine ukrainische Propagandafinte darstellen. Es spricht aber einiges dafür, dass Russland – unabhängig von der Echtheit der Dokumente – den Blitzkrieg gegen die Ukraine falsch eingeschätzt hat: Die russische Generalität rechnete mit geringer militärischer Gegenwehr eines schwachen Gegners. Stattdessen gingen die Strategen von Demonstrationen aus. Die Kolonnen ausgebrannter Fahrzeuge leicht bewaffneter Spezialeinheiten, in denen Schilde gefunden wurden, belegen diese Fehleinschätzung. Ebenso fehlen selbst in russischen Medien die Bilder von der russischsprachigen Bevölkerung in der nördlichen und östlichen Ukraine, die Putins Truppen mit Freude empfangen. Die russischsprachige Bevölkerung bleibt passiv und selbst die mehrheitlich russisch bevölkerte Millionenstadt Charkow konnte bislang noch nicht niedergerungen werden.

Denn bereits am 2. Tag begann sich die russische Offensive insbesondere an der nördlichen Front festzufahren. Weder Chernihiv, das am zweiten Tag eingekesselt wurde, noch die Front von Sumy bis Okhtyrka, als auch Charkow konnten bislang eingenommen werden. An der südlichen Front ist Mariupol seit dem 3. Kampftag eingekesselt, hält aber nach wie vor Stand. Wie Ugo Poletti spannend darlegte, wirkt sich die Fehleinschätzung der russischen Strategen auf den gesamten Kampfverlauf aus. Denn mit der zu erwartenden kurzen Dauer des Kampfes ist sowohl die Menge an Munition, Nahrung, also die gesamte logistische Kette der Armee falsch aufgebaut.

Zudem kann sich die russische Armee nicht gut auf einen asymmetrisch agierenden Gegner einstellen. Die Ukrainer gehen in Kleingruppen vor, die aus dem Hinterhalt in Partisanenmanier agieren. Diese führte in der zweiten Woche des Krieges zu einer Änderung der russischen Strategie hin zu einem Belagerungskrieg, die sich auch in den „humanitären“ Korridoren für belagerte Städte zeigt. Einerseits kann punktuell der Nachschub in Ruhe herangeführt werden, auf der anderen Seite verlassen Zivilisten die Städte und ermöglichen nach Ablauf der Waffenruhe entfesselte Angriffe auf diese Städte. Genau in dieses Bild paßt auch die von CNN kolportierte Nachricht US-amerikanischer Geheimdienste, dass syrische Soldaten auch in der Ukraine eingesetzt werden sollen. Diese sind immerhin im Straßenkampf erfahren.


Es wäre aber falsch, nur auf die Misserfolge der Russen zu verweisen. Russland zieht die Belagerungsringe enger. Ein solcher um Kiew ist im Entstehen. So stehen die Russen bereits im Norden, Nordwesten, Süden und Nordosten der Stadt. Die „unabhängigen“ „Republiken“ Donetsk und Luhansk verzeichnen militärische Erfolge und dehnen ihre Machtbereiche innerhalb der gleichnamigen Provinzen aus. Zudem konnte Russland im Süden am 7. Tag der Invasion Kherson erobern und steht nun vor Mykolayiv, das seit dem 5. Tag umkämpft ist.

FAZIT: Beide Seiten sehen noch gute Chancen für einen eigenen Sieg. Beide Seiten – und auch die im Hintergrund agierende USA – haben momentan kein Interesse daran, dass eine Verhandlungslösung gefunden wird, in der sowohl Ukrainer wie auch Russen ihr Gesicht wahren können. Denn eines ist sicher: Das politische Schicksal Wladimir Putins ist mittlerweile untrennbar mit dem Krieg gegen die Ukraine verknüpft – und das macht die Situation nicht unbedingt einfacher.

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