Freie Liste Österreich – DIE PATRIOTISCHE ALTERNATIVE – Interview mit Karl Schnell, dem Gründer der Freien Liste Österreich (FLÖ)
Dr. Karl Schnell, Gründer der Freien Liste Österreich (FLÖ), im Gespräch mit „Tebel-Report“
Tebel-Report: Sehr geehrter Herr Dr. Karl Schnell. Sie haben ein bewegtes politisches Leben hinter sich als Landesrat und langjähriger FPÖ-Obmann in Salzburg. In dieser Position wurden Sie 2015 – je nach Sichtweise – abgesetzt oder weggeputscht und haben danach eine eigene Liste in Salzburg begründet, die nun erstmals sogar bundesweit antritt. Aus dieser kurzen Lebensbeschreibung ist leicht zu erkennen, dass Sie ein politischer und idealistischer Mensch sind. Welche – auch ideellen – Ziele verfolgt die Freie Liste Österreich (FLÖ)?
Karl Schnell: Es stimmt, dass ich ein politischer und idealistischer Mensch bin. Aber eigentlich wollte ich nach 25 Jahren aus der Politik ausscheiden, um mich wieder auf meinen Beruf zu konzentrieren. Ich habe sehr viel Arbeit mit meinem Ambulatorium in Saalbach-Hinterglemm, mit etwa hundert Patienten pro Tag und zahlreichen Nachtdiensten. Meine Frau hat ein Hotel, einer meiner Söhne wird ihr im Hotel nachfolgen, einer weiterer Sohn wurde gerade mit dem Turnus fertig und wird mir zur Hand gehen und die Praxis dann übernehmen.
Jeder fragt mich: Warum tust Du Dir das an? Und ich sag‘ es ganz offen: Für mich ist es einfach so. Wenn ich mich in der Früh beim Zähneputzen vor den Spiegel stelle, will ich mir sagen können: Du hast alles versucht, du hast alles gegeben, um Fehlentwicklungen wie CETA, TTIP, Globalisierungswahn entgegenzustehen und etwas zu tun und nicht nur zu jammern. Für unsere Kinder, für uns alle.
Ganz schlimm war für mich dieser sogenannte Hinausschmiss. Da würde ich mir wünschen, es gebe eine Video von diesem ominösen Dienstag, als dann Strache mit ca. 15, 20 Leuten plötzlich wie ein Rollkommando aufmarschiert ist und man alle demokratischen Grundregeln über Bord geschmissen hat. Es hat eine Abstimmung gegeben. 21 Stimmen für Salzburg, 8 für Strache. Er hat das alles völlig ignoriert und dann hat er mit Maschinen vorgeschriebene Zettel aus der Tasche geholt und uns hinausgeschmissen. Und das ist schon bitter, wenn man 25 Jahre für eine Partei den Kopf hingehalten hat. Immerhin war ich der längstdienende Obmann dieser Partei, aber auch Generalsekretär und Stellvertreter von Jörg Haider, kurz auch von Heinz-Christian Strache. – Und das tut dann schon weh.
Auf der anderen Seite bin ich nicht unglücklich, weil, wie es auch Barbara Rosenkranz schon sagte, sich die FPÖ in eine falsche Richtung entwickelt. Das war der Grund, warum ich gesagt habe: Nein, jetzt müssen wir, die alle mit mir für eine ehrliche Politik gekämpft haben, noch einmal durchstarten.
«Wenn man sich jetzt die Fernsehrunden im ORF ansieht, dann hat man das Gefühl, dass es einzig darum geht, den Boden für eine Koalition nach der Wahl zu bereiten.»
Die Ziele sind ganz einfach. Wir wollen in den Nationalrat kommen, um den Wählerinnen und Wählern eine Alternative zu den etablierten Parteien im Nationalrat zu bieten. Wenn man sich jetzt die Fernsehrunden im ORF ansieht, dann hat man das Gefühl, dass es einzig darum geht, den Boden für eine Koalition nach der Wahl zu bereiten. Es entsteht aber wirklich nicht das Gefühl, dass diese Leute die Sorgen der Wähler erkannt haben, noch mit ihnen reden. In meinen Augen ist es auch eine der letzten Chancen, eine ehrliche Politik im Nationalrat zu vertreten. Ich glaube, in Zukunft wird man jede Politik, die gegen das System arbeitet, im Keim ersticken wollen. Und deshalb sagen wir, dass wir alles geben müssen, um dies zu verhindern.
Wenn man sich nur die Agierenden anschaut: Der eine kriegt viel Geld von Großkonzernen, der andere lässt sich vom Herrn Juncker als sein „Haberer aus Wien“ begrüßen und stellt den Pizzaboten dar. Ein weiterer sagt, dass ihn sein erster Weg zu Macron nach Frankreich führen werde, sofern er ein Ministeramt erhielte. Ich glaube, die haben alle nicht mehr die Füße am Boden. Wenn man mit den Menschen redet, egal ob es ein Schlosser ist, ein Dachdecker, ein Zimmerer, ein Hotelier, ein Arzt, ein Freiberufler oder Besitzer sonstiger Klein- und Mittelbetriebe, wird ihnen jeder sagen, dass er viel Arbeit hat und gerne arbeitet, aber an der Bürokratieflut ersticken würde. Die überbordende Bürokratie nimmt den Wirtschaftstreibenden den Atem. Nur mehr Kontrollen, Evaluierungen, Validierungen und immer mehr Gesetze und Behinderungen. Auf der anderen Seite sehen sich die Klein- und Mittelbetriebe einer Steuer- und eine Abgabensituation ausgesetzt, die ein Fortkommen praktisch nicht mehr ermöglicht. Wenn man ein Mal im Monat auf die Bank geht, hat man trotz vieler, vieler Arbeit das Gefühl, dass man jeden Monat einen Schritt zurück macht. Das betrifft natürlich auch die fleißigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die heute mit einem Durchschnittsgehalt nicht mehr über die Runden kommen und sich schon gar keinen kleinen Polster für die Zukunft als Pensionsvorsorge erschaffen können. Das geht gar nicht mehr. Junge Menschen können sich ohne die finanzielle Unterstützung ihrer Eltern auch kaum mehr eine Familiengründung leisten.
«Wenn man ein Mal im Monat auf die Bank geht, hat man trotz vieler, vieler Arbeit das Gefühl, dass man jeden Monat einen Schritt zurück macht.»
Es stört mich auch ungemein, wie die heutige Politik mit der älteren Generation umgeht und nur vor Wahlen kleine Versprechungen abgibt. Diese Menschen haben den Krieg teilweise erlebt, alles wieder aufgebaut, gearbeitet, Steuern gezahlt und jetzt kriegen manche weniger als jeder Mensch, der den ersten Tag seinen Fuß auf österreichischen Boden setzt. Das ist beschämend.
Nehmen wir auch das sogenannte Schonvermögen her, auch als Pflegeregress bezeichnet. Wenn jemand, der sein Leben lang fleißig war und sich vielleicht ein Haus gebaut hat oder eine Wohnung besitzt, nun Hilfe von der öffentlichen Hand braucht, dann wird ihm bis auf ungefähr 5000 Euro alles genommen. So viel kostet heute eine Beerdigung. Ein Mensch, der aber sein Geld durchgebracht hat, erhält die gleichen Leistungen vom Sozialstaat. Das ist ungerecht.
Genauso ungerecht ist die Erbschaftssteuer: Da bauen sich die Menschen für sich und die nachfolgende Generation etwas auf, zahlen zeitlebens für alles Steuern und dann muss das noch einmal besteuert werden? Das kann doch bitte nicht sein: Auch Leistung muss sich lohnen.
Tebel-Report: Auf den ersten Blick hin ist Ihr Programm jenem der FPÖ ziemlich ähnlich. In einem Interview haben Sie auch erklärt, dass Ihre Parteifarbe Königsblau wäre, wogegen die FPÖ nur noch blassblau sei. Was meinen Sie damit?
Karl Schnell: Ich merke, dass Heinz-Christian Strache nicht mehr blau ist, sondern immer blässer wird. Jeder, der in die Regierung will, muss der EU ohne wenn und aber zustimmen und muss auch der Einwanderung ohne wenn und aber zustimmen. Sonst kommt man nicht in diese Regierung. Das ist so klar wie Hühnerbrühe, möchte ich schon fast sagen. Und Strache biedert sich nur mehr an. Ich hab‘ das einmal so ausgedrückt: Nun ist er nur mehr dabei sich zu schminken. Er weiß nur noch nicht, ob er sich ein türkises oder rotes Kleid anziehen soll, als Braut für die Hochzeit nach der Wahl. Damit muss er seine Wahlversprechen dann weitgehend fallen lassen. Das ist das, wo ich sage: Wir bleiben königsblau. Wir werden von unseren Grundsätzen niemals abweichen.
Tebel-Report: Aber wenn ich da einhake: Sebastian Kurz und Hans Peter Doskozil beispielsweise, sind ja auch eher strikter. Also könnte Heinz-Christian Strache das ja dann in seinem Rahmen auch so durchführen.
Karl Schnell: Das ist völlig richtig. Glauben sie mir. Das wird sich nach der Wahl wieder ändern. Nach der Wahl wird wieder genau das gemacht, was die EU vorgibt. Ich halte das für die größte Wählertäuschung. Hans Peter Doskozil macht seine Sache auch nach außen hin gut. Überhaupt keine Frage. Auch der Innenminister Wolfgang Sobotka. Nur, das ist jetzt eine Momentaufnahme. Das ist alles nur für die Wahlen. Und nach der Wahl ist alles wieder vergessen.
Tebel-Report: Aber die Balkanroute wurde ja doch geschlossen?
Karl Schnell: Nein, das ist ein großer Trugschluss. Die Balkanroute wurde nie geschlossen und auch in Italien spielt es sich ab. Das Thema ist nur aus dem Focus der Medien geraten. Wir kommen jetzt drauf, dass Politiker bereits 2013, also vor der Flüchtlingswelle von 2015 und 2016, von der Situation in den Auffanglagern Kenntnis hatten. Es ist traurig, dass da keiner Vorsorge getroffen hat. Man hat dann den Rechtsstaat außer Kraft gesetzt, da wurde nicht mehr kontrolliert. Es kamen strenggenommen die Menschen illegal und oftmals ohne echten Asylgrund ins Land, manche bestimmt auch mit terroristischem Hintergrund.
Zu Beginn der Flüchtlingswelle wurde auch sofort von Integration gesprochen. Es soll sich bitte jeder ein Mal das Asylgesetz durchlesen. Asyl hat mit Integration gar nichts zu tun. Jetzt gehen alle in die Richtung FPÖ-Verschärfung der Migrationspolitik. Die Linken sagen, dass es jetzt einen Rechtsdrall gibt. Nach dieser Wahl wird es wieder einen Linksdrall geben. Es wird sich wieder alles nach Juncker drehen. Das tut wirklich weh.
Tebel-Report: Wenn ich das richtig verstehe, haben Sie dann die Positionen der alten FPÖ unter Jörg Haider.
Karl Schnell: Richtig. Ich würde sagen: Die FPÖ in den Anfangsjahren von Jörg Haider. Aber Jörg Haider hat seinen Weg am Schluss auch verlassen. Viele, viele Leute verlieren dann irgendwann die Bodenhaftung.
Die Leute, die jetzt bei uns in der FLÖ kandidieren sind alles Menschen, die die Politik finanziell nicht notwendig haben. Es sind Ärzte dabei, wie unser Spitzenmann in Salzburg, ein toller Coronarmediziner im Klinikum Schwarzach. Er hat schon tausenden Menschen das Leben gerettet. Wir haben Polizisten in unseren Reihen genauso wie Unternehmer. Auch Barbara Rosenkranz hätte es nicht nötig zu kandidieren. Sie könnte sich in die verdiente Pension zurückziehen.
Das sind aber alles Menschen, die Österreich lieben. Die sagen, wir lieben dieses Land, wir wollen für dieses Land wirklich etwas tun. Sonst gehen wir einen Weg, der meines Erachtens irreparable Schäden für dieses Land herbeiführt, wenn sie nicht schon da sind.
Tebel-Report: Kann man sagen, dass Sie ein Sammelbecken ehemaliger FPÖ-Politiker geworden sind?
Karl Schnell: Das ist richtig. Ich würde es aber nicht nur auf diese konzentrieren. Wir haben auch Mitstreiter, die früher beim BZÖ, bei Stronach, in der SPÖ oder in der ÖVP waren. Die einzigen, die nicht dabei sind, sind Neos und Grüne. Das ergibt sich auch aus unserem politischen Credo. Wir sind eher eine konservative Heimatpartei. Man muss ja aber auch bedenken, dass das Team Stronach und das BZÖ zum Teil aus enttäuschten Freiheitlichen gebildet wurden. Bei unseren Kandidaten handelt es sich um Menschen, die ich seit Jahrzehnten kenne und weiß, dass sie Mut haben und sich nicht kaufen lassen. Da kann man alles bieten, aber sie haben nur einen Beweggrund: ihre Liebe zum Land. Für mich ist das enorm wichtig, dass das alles Leute sind, die wirklich nur eines im Auge haben, nämlich Österreich, und nicht von der Politik als Broterwerb abhängig sind. Kurz hat keinen Beruf, hat sein Studium nicht abgeschlossen. Das ist problematisch. Wir haben mit Bernd Michael beispielsweise einen Spitzenkandidaten in Wien, einen Verwaltungsjuristen, ein wirklich kritischer Geist, der alles hinterfragt. Bernd Michael hat mich angerufen und gesagt: Lieber Charly Schnell, auf welcher Position auch immer, ich kämpfe mit dir mit, denn du bist der einzige Patriot von dem ich weiß, der es ehrlich meint. Bernd Michael hat auch den Gerechtigkeitsgrundsatz als Hauptgrundsatz.
Natürlich wissen wir, dass man nicht alles immer nur durchbringt und das man manchmal um die Mauer herumgehen muss, aber wir werden alles tun, um dieser Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen.
Tebel-Report: Wie ist Ihre Position in der Flüchtlingspolitik und wie sehen Sie die EU?
Karl Schnell: Ich habe volle Achtung vor allen Religionen, Völkern, Nationen und würde mir gerne alles ansehen. Eines muss ich auch ganz ehrlich sagen und das steht mir zu: Ich will sie nicht alle in meinem Garten und meinem Haus haben, weil dann ist mein Haus und mein Garten kaputt. Und jetzt auf die Realpolitik zurückgebracht: In Deutschland 22 Milliarden, in Österreich mindestens 2 Milliarden, da sind die Folgekosten der Schäden und die Gerichtskosten noch gar nicht dabei. In Salzburg 100 Millionen. Wir schaffen es nicht mehr. Jeder der glaubt, das wir so weitermachen können, ist in meinen Augen ein Realitätsverweigerer und muss wissen, dass wir nicht nur unseren Wohlstand gefährden, wir gefährden unser Sozialsystem, wir gefährden den inneren Frieden, die Sicherheit der Menschen und für die sind wir eigentlich gewählt und verantwortlich. Und letztendlich bringt diese Politik auch nichts Gutes mehr für die Asylanten, Zuwanderer oder Einwanderer.
Es hat einen schönen Spruch gegeben: Wir sind nicht zur Selbstzerstörung verpflichtet. Asyl soll politisch verfolgten Menschen helfen und nicht als Deckmäntelchen für eine Masseneinwanderung fungieren. Asyl heißt auch nicht Integration. Österreich war immer Vorbild: In der Ungarn-Krise, in der Tschechien-Krise oder während des Jugoslawien-Krieges. Das heißt aber bitte nicht, dass wir uns selbst aufgeben müssen und dass wir alles über Bord werfen müssen, was unsere eigene Bevölkerung betrifft. Da bin ich ganz strikt: Absoluter Einwanderungsstopp und zwar nicht morgen, sondern sofort.
Ich war immer ein Kritiker der EU, die ich für ein bürokratischen Moloch halte, auch wenn sie als häres Friedensprojekt eine tolle Geschichte ist. Nur wenn man jetzt ehrlich ist, zerfällt die EU sowieso gerade. Wenn wir in der EU verbleiben, werden wir mit der EU untergehen.
Der Euro ist momentan schon, wenn wir den Wertevergleich machen, beim Schilling und darum sage ich: Es hat damals eine Volksabstimmung gegeben, man hat aber die Menschen in die EU hineingelogen. Man hat ihnen viel vorgespielt, was nicht eingetreten ist. Es wurden Arbeitsplätze versprochen, Sicherheit und ein Friedensprojekt. Dann hat man auch einfach die Grenzen aufgemacht und die Terrorgefahr in Europa erheblich verschärft. Also: Wir fordern eine neuerliche Volksabstimmung über den Verbleib in der EU, weil die Bevölkerung mehr Hausverstand und Gespür als die Politiker besitzt.
Tebel-Report: Die FLÖ hat noch kein Parteiprogramm? Soll dies so bleiben oder wird noch ein solches verfasst?
Karl Schnell: Nein. Wir werden ein Parteiprogramm verfassen. Es war einfach nur zu wenig Zeit. Innerhalb eines Monats haben wir knapp 400 Kandidaten in Österreich, in allen Bundesländern und in allen Wahlkreisen aufgestellt. Also so viel wie die Großparteien. Ich hab da nachgeschaut. Das ist ein enormer Aufwand gewesen. Unsere sechs wichtigsten Themen werden vorerst in unserem Folder beschrieben. Wir werden aber ein sehr kurzes Parteiprogramm verfassen. Ich war mindestens bei der Erstellung von 7 Parteiprogrammen dabei. Sie sind alle in der Schublade verschwunden. Im Parteiprogramm wird dann auch ganz wichtig sein, dass der Verzicht auf CETA, TTIP und ein klares Bekenntnis zur Neutralität drinnen ist.
Tebel-Report: Sie sprachen verschiedentlich von „Basisdemokratie“. Ich frage das auch hinsichtlich des Umstandes, das Ihr Wahlantritt mittels Abgeordnetenstimmen und nicht durch Unterstützungserklärungen von Bürgern erreicht wurde?
Karl Schnell: Das ist richtig. Wir haben schon zwei Nationalräte und einen Bundesrat gehabt. Über das war ich glücklich und das hat uns ein bisschen was erleichtert. Denn für das Sammeln der Unterschriften von Bürgerinnen und Bürgern fehlte uns vor allem die Zeit.
Tebel-Report: Angenommen, es gelingt Ihnen der Sprung ins Parlament. Was würden Sie verändern können und wollen?
Karl Schnell: Ich würde diese Punkte, die wir in unserem Folder dargestellt haben, auf Biegen und Brechen verteidigen und durchsetzen. Neben diesen sechs Punkten geht es mir sehr stark um die älteren Menschen. Es ärgert mich ungemein. Ich bin nämlich ein Mensch, der seine Eltern sehr liebt und für seine Eltern immer da war und auch sein werde. Auch als Arzt merke ich, dass ältere Menschen einfach ganz tolle Patienten sind. Sie geben die Liebe zurück und sind dankbar für alles, was du als Arzt für sie tust.
Wir haben in Österreich eines der besten Gesundheitssysteme dieser Welt und das wird jetzt völlig zerschlagen. Es wird in den nächsten Jahren ein unheimlicher Mangel an Hausärzten entstehen. Da ist dann in den Orten kein Hausarzt mehr da, der sich persönlich sich um die Kranken und um älteren Leute kümmert. Wir bekommen sogenannte PHCs. Wenn ich das schon höre, die Anglizismen, Primary Health Centers, nennt sich das. Gerade die älteren Menschen, die krank sind und nicht mehr sehr mobil, müssen dann 20, 30, 40 Kilometer fahren, um dann nicht einen Arzt ihres Vertrauens zu bekommen, sondern den Arzt akzeptieren müssen, der dann einfach Dienst hat.
Es nimmt die Bürokratie unendlich zu. Eigentlich hat man ja diese Reform im Gesundheitswesen vorangetrieben, um einzusparen. Wenn man sich aber die Budgets der Krankenhäuser anschaut, steigen diese, obwohl man ärztliche Leistungen einspart. Warum? Weil man in der Verwaltung aufbaut. Es kommen Controller, Designer, Kommunikatoren. Die kosten alle enormes Geld. Aber immer weniger Ärzte haben wir. Die Politik hat versprochen, dass wir die periphere Versorgung verstärken müssen. Sie macht aber genau das Gegenteil. Und anstatt dessen, das man her geht und sagt, wie bringen wir junge Menschen wieder dazu, als Hausärzte auf das Land zu gehen – ein toller, wunderschöner Beruf – macht man genau das Gegenteil. Man rationalisiert alles weg. Was passiert: Jetzt greifen Konzerne ein, baut diese PHCs, weil die müssen erst einmal gebaut werden. Dann verspricht man in diesen PHCs einen Bereitschaftsdienst von 7 Uhr morgens bis 19 Uhr abends. Dazu braucht man mindestens 4 bis 7 Ärzte. So, jetzt frag‘ ich mich: Wo wollen sie denn diese hernehmen, wenn schon keiner mehr als Hausarzt gehen will?
»Wir bekommen sogenannte PHCs. Wenn ich das schon höre, die Anglizismen, Primary Health Centers, nennt sich das. Gerade die älteren Menschen, die krank sind und nicht mehr sehr mobil, müssen dann 20, 30, 40 Kilometer fahren, um dann nicht einen Arzt ihres Vertrauens zu bekommen, sondern den Arzt akzeptieren müssen, der dann einfach Dienst hat.«
Die Entwicklung ist fatal. Es soll ein Unterstandsloser unter der Brücke genauso seinen Blinddarm anständig operiert bekommen können wie der Generaldirektor einer großen Bank oder eines Unternehmens. Es entsteht aber eine 2 oder 3 Klassen-Medizin und die Medizin kommerzialisiert sich.
Ich finde es war auch gut, dass die Ärzte als Freiberufler ihre Entscheidungsfreiheiten gehabt haben. Das wird jetzt zum Nachteil der Patienten abgeschafft. Es gibt dann nur mehr Spitäler, wo man dann angestellt ist und das zu tun hat, was der Herr Verwalter sagt. Auch in den Spitälern hat nicht mehr die ärztliche Leitung, sondern die Verwaltungsleitung das große Sagen. Deswegen bläht sich der Verwaltungsapparat immer weiter auf. Bald haben wir dann mehr Juristen im Spital als Ärzte und genauso im niedergelassenen Bereich. Es kommen die PHCs, die dann – ich sag es ganz offen – unter der Knute eines Großkonzerns stehen oder der Kassen. Und das ist eine schlechte Entwicklung für die Patienten.
Wir fordern auch, dass man bei Themen, welche die gesamte Bevölkerung betreffen, auch wirklich einmal den Mut hat, das Volk zu fragen. Ich bin der Meinung, dass sich nur gewisse Korrekturen in der Politik, gerade hinsichtlich der EU oder Einwanderung, nur damit ändern lassen, wenn man die direkte Demokratie einführt, also die Bevölkerung fragt. Denn die politische Kaste wird in der Richtung nichts ändern.
Tebel-Report: Wie sind Ihre Erwartungen für die Wahl? Man darf ja nicht vergessen: Als kleine Partei kriegt man ja im ORF einen Sendetermin um 23.55.
Karl Schnell: Ja, so ist es. Das ist natürlich schlimm. Gerade die öffentlich-rechtlichen Medien müssten da schon schauen, dass man einen Ausgleich schafft. Kleine Parteien haben es schwer genug, die notwendigen Bestimmungen zu erfüllen, um an der Wahl teilzunehmen, Kandidaten aufzustellen, Folder zu drucken und Plakate aufzustellen. Dass neue und kleinere Parteien dann in den Medien kaum vorkommen, ist ein riesiges Manko und tut der Demokratie nicht gut.
Tebel-Report: Gibt es noch eine Frage, die ich nicht gestellt habe, die für Sie aber sehr wichtig wäre?
Karl Schnell: Ganz wichtig ist mir noch die Neutralität, weil sie in Österreich von vorausschauenden Politikern gemacht oder erreicht wurde.
Noch zu unseren Erwartungen: Ich bin mir absolut sicher, dass wir in den Nationalrat kommen. Man muss nur schauen wie viele Menschen sich ins Nichtwählerlager verabschiedet haben, weil sie niemanden mehr für wählbar halten. Da sind einige Leute dabei, die sehen, dass wir es ehrlich meinen, die wirklich die Politik nicht notwendig haben, sondern etwas verändern wollen. Ich bin der Überzeugung, dass wir hineinkommen.
Tebel-Report: Herzlichen Dank für das Gespräch.
Karl Schnell: Danke Ihnen.
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