Die Weißen: DIE MACHT GEHT VOM VOLK AUS – Interview mit Isabella Heydarfadai, Spitzenkandidatin der Weißen
„Die Weißen“ treten erstmals bei einer Nationalratswahl an. Sie geht aus dem „Verein ACHT“ hervor, der sich schon seit mehreren Jahren für die Stärkung der direkten Demokratie in Österreich einsetzt. Verstärkt werden die Weißen durch Leo Steinbichler, einem ehemaligen Abgeordneten aus den Reihen des „Team Stronach“. Wie „Meine Stimme G!lt“ auch, sind die „Die Weißen“ eine ambitionierte Gruppierung, die die Macht der Parteiapparate durch basisdemokratische Formen der direkten Demokratie einschränken möchte.
Isabella Heydarfadai, die Spitzenkandidatin der „Die Weißen“ im Gespräch mit dem Tebel-Report
Tebel-Report: „Die Weißen“ sind eine neue Parteigründung. Welche Anliegen und Ideen vertreten Sie?
Isabella Heydarfadai: Wir stehen für den Ausbau der österreichischen Bundesverfassung um Instrumente der direktdemokratischen Mitgestaltung durch die Bürger.
Ein wesentlicher Punkt sind bindende Volksabstimmungen zu Gesetzesvorhaben, die auch vom Volk selbst initiiert werden können. Derzeit geht das nicht. Es gibt nur das zahnlose Instrument des Volksbegehrens, das aber nicht bindend ist.
»Auch wollen wir, dass politische Amtsträger unter den Voraussetzungen des Amtshaftungsrechts mit ihrem privaten Vermögen haften, wenn sie schuldhaft die Gemeinschaft schädigen.«
Um die Qualität der Volksabstimmungen zu sichern, verlangen wir auch, dass eine Informationsverpflichtung des Staates in die Bundesverfassung aufgenommen wird. Wir alle (das Volk) sind objektiv und sachlich und neutral zu informieren, damit wir uns ein klares Bild über den Abstimmungsgegenstand machen können. Man darf sich das in etwa so vorstellen wie das sogenannte „Abstimmungsbüchlein“ in der Schweiz.
Auch wollen wir, dass politische Amtsträger unter den Voraussetzungen des Amtshaftungsrechts mit ihrem privaten Vermögen haften, wenn sie schuldhaft die Gemeinschaft schädigen. Ebenso soll es bei Nichteinhaltung der B-VG spürbare Sanktionen geben.
Neben diesen direktdemokratischen Elementen wollen wir auch als eine ständige Brücke für die Bevölkerung ins Parlament fungieren. Wir setzen dazu eine Applikation ein, über die uns das Volk über aktuelle Nöte und Sorgen informieren kann und wir umgekehrt das Volk neutral und sachlich über geplante Gesetzesvorhaben informieren wollen.
Tebel-Report: Woher haben Sie diese Ideen?
Isabella Heydarfadai: Entstanden ist sind diese Ideen aus dem Verein ACHT, wo Konzepte für dringend notwendige grundlegende politische Veränderungen überlegt wurden.
Der Verein ACHT initiierte das Volksbegehren „Wir entscheiden!“. Das erklärte Ziel dieses Volksbegehrens bestand darin, die österreichischen Bundesverfassung in zwei Punkten abzuändern:
Dem Artikel 43 B-VG sollten folgende Sätze angefügt werden: »Eine Volksabstimmung über ein Gesetzesvorhaben ist auch durchzuführen, wenn zumindest 100.000 Wahlberechtigte des Bundesvolkes es verlangen. Überdies ist eine Volksabstimmung über ein Gesetzesvorhaben oder einen anderen binnen sechs Monaten zu fassenden Beschluss des Nationalrates zur Erledigung eines Volksbegehrens durchzuführen, wenn es von 100.000 Unterzeichnern des Volksbegehrens oder anderen Wahlberechtigten verlangt wird.«
In Artikel 46 Absatz 3 B-VG sollte folgender Satz eingefügt werden: »In diesem Bundesgesetz ist auch zu regeln, in welchen Fällen eine Volksabstimmung über ein Gesetzesvorhaben wegen Gefahr im Verzug zu unterbleiben hat.«
Da – wie bereits ausgedrückt – Volksbegehren in Österreich ein recht zahnloses Instrument sind [das Volksbegehren ist in der Unterstützungserklärungssammelphase], gab es den Entschluss, zur Nationalratswahl anzutreten.
Demokratie kann nur solange existieren, solange genug Menschen glauben, dass sie ihre Interessen vertritt. Es fehlt das Vertrauen vieler Menschen in die Demokratie. Und es fehlt das Zutrauen vieler Politiker, dass die Menschen von ihrer Entscheidungsmöglichkeit richtig Gebrauch machen.
Bei dieser Wahl treten so viele Parteien, Listen und Gruppierungen an, wie schon lange nicht mehr. Das ist ein Zeichen. Ein Zeichen dafür, dass die Unzufriedenheit der Bürger sehr hoch ist.
»Es fehlt das Vertrauen vieler Menschen in die Demokratie. Und es fehlt das Zutrauen vieler Politiker, dass die Menschen von ihrer Entscheidungsmöglichkeit richtig Gebrauch machen.«
Tebel-Report: Ist es nicht merkwürdig, dass bei der aktuellen Nationalratswahl mehrere Parteien antreten, um mehr direkte Demokratie einzufordern. Wieso ist dieser Gedanke gerade in Österreich so populär?
Isabella Heydarfadai: Wir leben derzeit in einem Staat von Parteien für Parteien. Wir stimmen immer wieder für ein Parteisystem ab, an das wir alle gar nicht mehr richtig glauben. Offenbar erkennen immer mehr Bürger, dass es kein Lebenskonzept sein kann, das kleinste Übel zu wählen. Ebenso erkennen die Bürger, dass die bestehende repräsentative Demokratie immer öfter nicht den Willen der Bürger, sondern eher jenen von Banken und Konzernen umsetzt. Dass jetzt auch etablierte Parteien Ideen zur direkten Demokratie aufgreifen, zeigt deutlich, dass selbst die bestehenden Parteien begriffen haben, dass sich die Bürger mehr demokratische Mitgestaltungsmöglichkeiten wünschen. Freilich muss man davon ausgehen, dass es von Seiten der etablierten Parteien bei Lippenbekenntnissen bleiben wird, denn: Hätten die etablierten Parteien mehr direktdemokratische Mitbestimmung wirklich gewollt, hätten sie diese bereits längst realisieren können. In diesem Zusammenhang fällt mir ein passender Ausspruch Victor Hugos ein: „Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist!“
Tebel-Report: Sie sehen sich nicht als Partei, sondern als eine Bürgerbewegung und als Sprachrohr der Bevölkerung. Wie soll ihre parlamentarische Arbeit und diese Form der direkten Demokratie funktionieren?
Isabella Heydarfadai: Wie bereits angedeutet, wollen die Weißen eine ständige Brücke der Bevölkerung ins Parlament sein. Dabei setzen wir eine Applikation ein, mit der das Volk mit uns und umgekehrt die Weißen mit dem Volk kommunizieren. Die Abgeordneten der Weißen werden sich bei Abstimmungen von der Information, die von der Bevölkerung kommt, leiten lassen.
Mit Volksabstimmungen können die Österreicherinnen und Österreicher „Gaspedal“ und „Bremse“ im Gesetzgebungsprozess sein.
Wir meinen damit folgendes:
Gaspedal: Die Bevölkerung kann (ab 100.000 Unterstützungserklärungen) für ein Anliegen Volksabstimmungen erzwingen. Sie können so dem Nationalrat „Gas geben“, Gesetze im Interesse der Bevölkerung zu erlassen.
Bremse: Die Bevölkerung hat ein Veto-Recht bei Gesetzesvorhaben.
Die Wirkung: Der Nationalrat kann keine Gesetze mehr einfach über das Volk hinweg beschließen.
Tebel-Report: Haben Sie ein Parteiprogramm oder sind die 8 Punkte der Verein ACHT Ihr Wahlprogramm?
Isabella Heydarfadai: Wir haben ein Programm, nämlich Art. 1 der Bundesverfassung: Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus! Wie bereits erwähnt, wollen die Weißen Art. 1 der Bundesverfassung ausbauen. Der zweite Teil des Programms sind die Werte, die vom Verein ACHT in acht Sätzen formuliert wurden. Sie lauten:
»1. Die Macht geht vom Volk aus. Das Volk entscheidet. Eine ehrliche Demokratie, keine Scheindemokratie. Echte und wahrhaftige Vertretung des Staatsvolkes.
2. Gesetze sind einzuhalten. Recht ist einzuhalten. Recht ist durchzusetzen.
3. Achtsamer Umgang mit Steuergeldern und Ressourcen. Keine Misswirtschaft und Korruption.
4. Sicherheit und Ordnung sind vom Staat zu garantieren. Der Staat hat hierfür die Ressourcen bereitzustellen.
5. Vom Untertanen zum mündigen Staatsangehörigen. Bildung statt Brot und Spiele.
6. Staatsführung durch die Besten. Dem Staatsvolk dienend. Demut vor den staatlichen Aufgaben. Sachliche, uneigennützige Entscheidungen.
7. Der Staat darf sich nicht weiter verschulden. Unternehmen (je kleiner desto mehr – v.a. KMUs) sind steuerlich und regulatorisch deutlich zu entlasten. Die Einkommenssituation der Bevölkerung ist durch spürbare Abgaben- und Steuerreduktionen deutlich und gerecht zu verbessern.
8. Nachhaltiges Wohl der staatlichen Gemeinschaft. Schaffung der Rahmenbedingungen für ein gesundes Leben durch den Staat. Achtsamer Umgang mit Mensch, Tier und Umwelt.«
Tebel-Report: Wurden Sie im laufenden Wahlkampf von den Medien als Neugründung fair behandelt?
Isabella Heydarfadai: Nein. Der ORF – also das reichweitenstärkste Rundfunkmedium hat in Person von Armin Wolf beispielsweise am 13.09.2017 in der ZIB2 (um 22:00) behauptet, dass die Weißen kein Parteiprogramm bzw. keine Unterstützungserklärungen gesammelt hätten.
Dies ist verwunderlich, weil der ORF nachweislich bei der Pressekonferenz der Weißen am 05.09.2017 zugegen war, als wir dort unser Programm ausführlich dargelegt haben und dies den anwesenden Journalisten auch schriftlich zur Verfügung gestellt wurde. Zudem hatten wir den ORF mehrfach erfolglos aufgefordert, über unsere Unterstützungserklärungsaktion zu berichten.
Obendrein wurden unsere Aussagen einerseits sinnentstellt dekontextualisiert und andererseits explizit falsch wiedergegeben bzw. wurde in der ZIB24-Sendung vom 21.09.2017 unsere eigene App zur Beteiligung der Bürger fälschlicherweise als „eine WhatsApp-Beteiligung der Bürger“ bezeichnet.
Tebel-Report: Wo stehen Sie weltanschaulich?
Isabella Heydarfadai: So wie die Farbe weiß alle Farben des Spektrums beinhaltet, gibt es auch weltanschaulich bei den Weißen ein sehr weites Spektrum. Uns verbindet, dass wir gegen Bevormundung und für Selbstbestimmung und Selbstverantwortung sind.
Tebel-Report: Wo sehen Sie sich im politischen Spektrum, wenn sie sich und ihre politischen Mitbewerber auf einer Linie eintragen?
Isabella Heydarfadai: Was weltanschaulich für die Weißen gilt, ist auch in Bezug auf das politische Spektrum gültig. Entsprechend den Werten der Weißen gibt es keine Extreme. Die Einordnung der anderen politischen Parteien überlassen wir jedem Bürger selbst.
Tebel-Report: Herzlichen Dank für das Gespräch.
Isabella Heydarfadai: Danke schön.
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