Carrier Strike Group 21 : BRITAIN GOES GLOBAL
WIEN, 10. Juni 2021. Es ist ein machtvolles Bild. Das Vereinigte Königreich stellt die größte Flotte seit dem Falkland-Krieg zusammen. Ziel der ersten großen Ausfahrt des neugebildeten Trägerverbandes um den Flugzeugträger HMS QUEEN ELIZABETH ist Japan.
Seit dem 22. Mai zeigt das Vereinigte Königreich wieder weltweit Flagge. Unter der Führung des neu erbauten Flugzeugträgers HMS QUEEN ELIZABETH (Kennung R08), dem größten jemals in Großbritannien gebauten Kriegsschiff, nimmt die Carrier Strike Group 21 Kurs auf Souda an der nordwestlichen Küste Kretas.
26 000 SEEMEILEN
Der weitläufige griechische Marine- und NATO-Stützpunkt bildet einen Zwischenstopp auf einer 26 000 Seemeilen langen Fahrt, bei der in den nächsten sieben Monaten der Suezkanal, Duqm im Oman, Indien, Singapur, das Südchinesische Meer, Südkorea und Japan angelaufen werden. Auf dem Weg wird der Verband von Kriegsschiffen anderer Nationen begleitet, an deren Hoheitsgewässer die Route führt oder die sich selbst gerade auf internationaler Fahrt befinden. Zudem sind gemeinsame Übungen mit der indischen Marine, der japanischen Marine und US-Navy geplant wie auch die Teilnahme an der Übung Bersama Lima im September und Oktober, die anlässlich der 50-Jahrfeier des 5-Mächte Verteidigungsabkommens von Australien, Neuseeland, Malaysia, Singapur und Großbritannien stattfinden wird.
DER VERBAND
Die HMS QUEEN ELIZABETH, von den Briten auch mit dem Kosenamen „Big Lizzie“ belegt, fungiert als Flaggschiff der Royal Navy und als Führungsschiff des Verbandes. Der 284 Meter lange Koloss mit einer Verdrängung von 65 500 Tonnen ist mit ihrem Schwesterschiff, die HMS PRINCE OF WALES (R 09), das größte jemals im Vereinigten Königreich gebaute Kriegsschiff und weist eine dreimal höhere Tonnage auf als der 2014 ausgemusterte letzte britische Flugzeugträger der Invincible-Klasse, die HMS ILLUSTRIOUS (R 06).
Zu Recht kann die HMS QUEEN ELIZABETH als innovatives Schiff gesehen werden, mit dem Großbritannien nicht zuletzt seine Ingenierskunst feiert. Ein hoher Grad an Automatisierung drückt die Besatzungszahl auf 700. Besonders auffällig an der HMS QUEEN ELIZABETH sind ihre beiden Kommandotürme, in der Fachsprache als Inseln bezeichnet. Sie sind ein markantes Erkennungszeichen des Trägers, weil kein anderer Flugzeugträger eine solche Aufteilung kennt. Im Gegensatz zur französischen CHARLES DE GAULLES (R 91) und den US-amerikanischen Trägern der Nimitz- und Gerald Ford-Klasse besitzt die „Big Lizzy“ keinen atomaren Antrieb. Auch entschieden sich die Briten für eine Sprungschanze für den Start der Flugzeuge und gegen ein Katapult- und Fangleinensystem worüber die großen nuklear angetriebenen Träger verfügen. Damit schränkt sich bei dem britischen Flugzeugträger aber bereits die zu verwendeten Flugzeugtypen auf die F-35B ein, deren Nachteil in einem Einsatzradius von knapp über 800 Kilometer liegt. Die Sollstärke von 24 (bzw. 36) britischen F-35B wird Großbritannien bis 2025 erreichen. Während der aktuellen Fahrt operieren auf der HMS QUEEN ELIZABETH neben 8 britischen F-35B auch 10 United States Marine Corps dieser Mehrzweckkampfflugzeuge der 5. Generation.
Vom Flugdeck können augenblicklich ebenso 3 Merlin MK4 Kommandohubschrauber (Jungfernflug 2016), 4 Leonardo Wildcat Seekampfhubschrauber, 7 Leonardo Merlin MK2 Anti-U-Boot-Hubschraube für Aufklärungs-, Überwachungs- und Verfolgungsaufgaben und ein Merlin Crownest zur luftgestützte Frühwarnung und Kontrolle starten.
Zu den Besonderheiten der „Big Lizzi“ zählen aber ebenso die fehlenden eigenen Flugabwehrsysteme, weshalb der Träger völlig auf seine Begleitschiffe und Hubschrauber angewiesen ist. Sie übernehmen die Aufgabe der Luftabwehr, aber auch jene der U-Boot-Bekämpfung.
Für diesen Zweck begleiten die beiden Typ-45 Lenkwaffenzerstörer der Daring-Klasse, die HMS DIAMOND (D 34) und die HMS DEFENDER (D 36) den Träger, die seit 2011 bzw. 2013 im Dienst der Royal Navy stehen. Zu ihren Aufgaben zählt die Abwehr von Flugkörpern wie das Abfangen von Raketen, Kampfflugzeugen und Drohnen, wofür sie mit 48 Senkrechtstartanlagen (VLS) für Raketen ausgestattet ist.
Die beiden Typ-23 Fregatten der Duke-Klasse dienen wiederum in erster Linie der U-Boot-Abwehr. Bekanntermaßen laute Eigengeräusche schmälern indessen ihren Einsatzwert in unmittelbarer Nähe des Trägers. Allerdings besitzen die HMS KENT (F 78) und die HMS RICHMOND abgesehen von ihren Anti-U-Boot Torpedos auch Anti-Luft- und Anti-Schiffsraketen.
Zum Flottenverband zählen ebenso die beiden Versorgungs- und Betankungsschiff RFA FORT VICTORIA (A 387) und die RFA TIDESPRING (A 136), die erst 2017 in Dienst gestellt wurde und ein britisches Atom-U-Boot der Astute-Klasse. Diese Jagd-U-Boote (SSN) gelten als die größten und modernsten U-Boote, die je in Großbritannien gebaut wurden. Dank ihres Nuklearantriebs können sie einmal die Welt unter Wasser umrunden. Das knapp 100 Meter lange U-Boot verfügt über Torpedorohre und kann aber ebenso bis zu 38 Tomahawk Block IV- Marschflugkörper auf Landziele abfeuern.
Zusätzlich sind noch zwei ausländische Kriegsschiffe in den Verband integriert: die niederländische Fregatte HNLMS Evertsen (F 805) und die USS THE SULLIVANS (DDG 68), ein Lenkraketenzerstörer der Arleigh-Burke-Klasse.
ZIELE DER FAHRT
Der Überblick über die Zusammensetzung des Trägerverbandes zeigt an, dass Großbritannien in der Flotte einen Gutteil seiner modernsten Technologien bündelt. Somit fungiert die Carrier Strike Group 21 wegen der geplanten Durchfahrt des südchinesischen Meeres als symbolisches Muskelspiel gegenüber der VR China und als Zeichen der Bündnistreue zu den USA und ihrer Weltordnung. Mit der Fahrt stärkt das Vereinigte Königreich aber auch politische Beziehungen und insbesondere seine Sicherheitsbeziehungen zu den USA, Japan, Südkorea und Singapur. Zusätzlich bietet die Fahrt auch die Möglichkeit, mehr als 40 Staaten der Welt den hohen technischen Entwicklungsstand zu präsentieren. Damit dient die Flotte ebenso als Schaufenster der britischen Rüstungsindustrie und kann hierdurch Aufträge anziehen.
Es darf zuletzt aber nicht übersehen werden, dass sich die Asien-Fahrt der „Big Lizzie“ an ein heimisches Publikum richtet und den Briten ihre Größe und Bedeutung vorführen soll – als Zeichen eines neuen Selbstbewußtseins als frei agierender und souveräner Staat.
Dennoch ist es letztlich unwahrscheinlich, dass auch in Kriegszeiten Großbritannien eine Streitmacht in dieser Form einsetzen kann. Ohne Einbettung in weitere Trägerverbände wären die Briten modernen Raketensystemen wie Hyperschallwaffen in entfernten Ecken der Welt vermutlich nicht gewachsen. Zudem steht alleine in diesem Verband fast die Hälfte der größeren britischen Überwasserschiffe im Einsatz.
Dennoch: Das Vereinigte Königreich zeigt Selbstbewußtsein und seinen Anspruch auch in den nächsten Jahrzehnten die Weltpolitik aktiv gestalten zu wollen und seinen Standort als Hightech-Nation auch aus eigener Kraft bewahren zu wollen.
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Bildquelle: FLEET-20210528-AA0063-560.jpg (LPhot Unaisi Luke, © Crown copyright 2021).
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